Freitag, 28. September 2012

Die Kreisübung

Ralf hat es in seinem Kommentar zu meinem letzten Post bereits erwähnt. Es gibt eine Praxis bei Toyota, bei der jeder neu angestellte Ingenieur und Manager mit an Gemba genommen wird (egal wo das jetzt auch sei) und dort ein Kreidekreis auf den Boden gemalt wird.
In diesen Kreis soll sich der Novize reinstellen, einen ganz bestimmten Prozess beobachten und am Ende des Tages eine handvoll von Verbesserungsvorschlägen aufweisen.

Üblicherweise ist der Ablauf der Empfindungen des Novizen folgender:
 - na toll, am ersten Tag gleich abgeschoben, die wissen wohl nichts mit mir an zu fangen
 - dann guck ich mir halt diesen Vorgang an......immer das gleiche, da ändert sich nichts
 - ich sehe einfach nichts, die macht immer das gleiche, was soll ich da verbessern?

 - hey, moment mal, warum macht sie diese Bewegung nur ab und zu und nicht immer?
 - achso, alle x-Teile hat sie ein Problem mit der Passung und muss sich stärker aufrichten, um das Teil dennoch richtig zu fügen
 - hm, da scheinen die Teile nicht richtig gefertigt zu sein


Dieser Ablauf ist nur ein Beispiel, wie es funktionieren kann. 
Nach anfänglicher Skepsis über das sture Beobachten eines Prozesses, lernt der Mitarbeiter zu sehen, was im Prozess schief läuft. Einige wollen schon nach den ersten paar Auffälligkeiten nach einer oder zwei Stunden aufhören, doch wird damit nicht das volle Potential der Übung ausgeschöpft.
Wer sich mal die Mühe macht und tatsächlich einen kompletten Tag / Schicht einen Prozess zu beobachten, wird nach einer gewissen Zeit in einen Zustand kommen, den man auch als Flow bezeichnet. So wie ein Marathonläufer ab KM 25-30 auch das Gefühl hat zu schweben, so hat man auch das Gefühl Dinge zu sehen, die vorher nicht ersichtlich waren und man beginnt die vielen kleinen Details eines Prozesses zu realisieren, die einem vorher nicht aufgefallen waren.

Natürlich kann man nicht jeden Tag die ganze Zeit einen Prozess beobachten, dennoch lernt man anhand dieser Übung sehr gut, auf welche Dinge bzw. Verschwendungen man bei Prozessen achten sollte und vor allem, dass man einen Prozess nicht nur oberflächlich betrachten darf, da man sonst zu völlig falschen Schlüssen kommt.

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